Wie Schönheitskliniken das Werbeverbot umgehen
SonntagsZeitung, April 2022
Brustvergrösserung im Sonderangebot: Kliniken werben in Discounter-Manier für ästhetische Eingriffe und locken mit Rabatten. Dabei sind die Regeln eigentlich klar – die Zuständigkeiten jedoch kaum geregelt.
«Warum hast du die Brustvergrösserung nicht früher gemacht?», fragt der Arzt in die Handykamera. «Mein Ex-Mann hat mich gehindert, jetzt kann ich machen, was ich möchte», antwortet die Patientin. Das Fazit: Das Wichtigste ist, sich selbst zu gefallen! In den Instagram-Storys der Lucerne Clinic werden operative Eingriffe beworben wie ein Lippenstift oder ein neuer Haarschnitt.
Das Geschäft mit der Schönheit boomt. Schon vor Corona nahmen ästhetische Eingriffe zu, nun ist die Nachfrage förmlich explodiert. In der Schweiz fehlen genaue Zahlen. Laut Schätzungen des Verbands Swiss Plastic Surgery werden täglich über 340 Schönheitsoperationen durchgeführt – 90’000 pro Jahr. Vor zehn Jahren waren es noch halb so viele Eingriffe. 85 Prozent der Kundschaft sind Frauen. Die Top 3 der Eingriffe: Brustvergrösserung, Fettabsaugen, Augenlider korrigieren.
Auch die Werbung nimmt zu. Dabei legen die Anbieter von Schönheitseingriffen jegliche Zurückhaltung ab, die im Medizinbereich geboten wäre. Auf Plakaten, Instagram oder Facebook werben sie für Brustvergrösserungen, Nasenoperationen, Entfernung von Tränensäcken oder Tattoos.
Das Problem: Das verstösst gegen Standesregeln der Branche und Bestimmungen im Medizinalberufegesetz. Denn Patientinnen dürfen nicht aktiv beworben oder durch Rabatte zu einer Operation verleitet werden. Keine der angefragten Kliniken hat die Fragen dieser Zeitung dazu beantwortet.