Die Architekten vor ihren Plänen: Daniel Pescia (links) und Max Dudler. (Bild: jwy)

Wieso sich Architekt Max Dudler für Luzern interessiert

zentralplus, Februar 2022

Er ist der kreative Kopf hinter dem künftigen kantonalen Verwaltungsgebäude: Max Dudler baut in Städten auf der ganzen Welt. Wieso es ihn reizt, den Norden Luzerns weiterzuentwickeln – und was ein Behördenbau mit einem Museum gemeinsam hat.

Im Zürcher Seefeld entsteht das derzeit wichtigste Gebäude im Kanton Luzern. Grosse Pläne an den Wänden zeigen den selbstbewussten Bau am Seetalplatz: die wuchtige Blockrand-Fassade, das warme Holz im Innern, den einladenden grünen Innenhof.

Noch gibt es den Komplex erst auf Bildschirmen und Papier, aber schon 2023 sollen in Emmen die Bagger auffahren. Ab 2026 wird der Kanton seine Dienstleistungen und Arbeitsplätze unter diesem Dach vereinen (zentralplus berichtete).

Keine modischen Bauten

«Bei öffentlichen Gebäuden geht es immer um Ruhe und Kommunikation», sagt Max Dudler. Er vergleicht das Vorhaben mit dem Bau eines Museums oder einer Bibliothek. «Wir dürfen die Menschen nicht abschrecken, sie sollen sich hier wohlfühlen.» Man muss kein Architekt sein, um zu verstehen: Für ein bürokratisches Zentrum mit dutzenden Funktionen, Anlaufstellen und Dienstleistungen ist das eine ziemliche Herausforderung.

Ob Restaurant, Museum oder Verwaltung: Max Dudler interessiert sich generell für kommunikative Räume, wo man sich trifft: «Solche Orte müssen langfristig funktionieren und dürfen nicht modisch wirken. Aus dieser Perspektive machen wir Architektur, vielleicht haben wir deswegen den Wettbewerb gewonnen.»

«Wir dürfen die Menschen nicht abschrecken»: So könnte der Eingang der neuen Verwaltung aussehen.

Zeitlos und freundlich

Max Dudler ist heute eine internationale Marke mit Büros in Berlin, Zürich, Frankfurt und München, zwischen denen der Architekt pendelt. Hauptsächlich ist der gebürtige St. Galler in Zürich und Berlin zuhause und er hat sich in den letzten 30 Jahren ein weltweites Renommee erbaut. Seine Architektur ist geprägt vom «Rationalismus der Gegenwartsarchitektur» und einem Schweizer Minimalismus. Und einer Beständigkeit: «Gebäude müssen auch in 100 Jahren noch modern sein. Zeitlosigkeit und Freundlichkeit sind für mich die wichtigsten Faktoren.»

Dudler erzählt von Berlin, wo es der Horror sei, wenn man «aufs Amt» müsse. Das will er in Luzern anders machen: «Hier soll man gern hingehen, einen Kaffee trinken, sich austauschen. Es soll kein typisches Behördengebäude werden, sondern eine Anlaufstelle für Menschen mit unterschiedlichsten Bedürfnissen.»

Problemzonen reizen ihn

In Zürich hat Max Dudler mit dem Bau der Pädagogischen Hochschule den Startschuss für die Entwicklung der prägenden Europaallee gesetzt. Er hat in Frankfurt, München, Antwerpen, Brüssel, Hamburg oder Moskau gebaut. In Berlin läuft derzeit unter anderem die Erweiterung des Bundesrats-Gebäudes. Wieso nun gerade Emmenbrücke? Mit dem Bau auf diesem peripheren Verkehrsknotenpunkt gewinnt ein internationales Büro keine Lorbeeren.

Seine Büros haben sich in den letzten Jahren immer stärker dem Städtebau zugewandt – mit einem besonderen Interesse für die «Problembereiche» ausserhalb der historischen Altstadt. Die Entwicklung im Norden Luzerns, das langsam zur Stadt werde, hat sein Interesse geweckt. «Da entsteht etwas sehr Urbanes für Luzern», ist er überzeugt. Die Mischung aus Arbeit, öffentlichen Bereichen und Wohnen akzentuiert sich im neuen Verwaltungsgebäude.

In den Fussabdrücken der Europaallee

«Luzern Nord mit der Viscosistadt ist ein gigantisches Entwicklungsgebiet», ergänzt Daniel Pescia, Leiter des Zürcher Büros und Gesamtprojektleiter für das Projekt in Emmen. Der Standort mitten in diesem Verkehrsknotenpunkt sei eine komplexe, aber hochspannende Situation. «Städtebau ist für uns dort reizvoll, wo es kompliziert ist», sagt der Architekt.

Mit dem markanten Gebäude habe man die Möglichkeit, riesige Fussabdrücke zu schaffen – so wie mit der Europaallee. «Das markante Verwaltungsgebäude könnte für Luzern einer ähnlich mutigen Entwicklung Schub verleihen», ist Pescia überzeugt.

Die künftige Präsenz des Gebäudes auf der flachen Brache lässt sich heute erst erahnen. «Wir reden hier beim Grundriss von einer Kantenlänge von rund 100 Metern. Es fasziniert uns, dass man in Luzern sagt: Wir bauen eine neue Stadt.» Das sei der Grund gewesen, wieso das Büro am Wettbewerb teilgenommen hat, sagt er.

«Etwas sehr Urbanes für Luzern»: Die zentrale Verwaltung wird beim Seetalplatz stehen.

Orientierung stiften

Im Innern ist die Orientierung das A und O – wiederum keine einfache Aufgabe auf dem dreieckigen Grundriss. Besucherinnen oder Mitarbeiter treten zuerst ins «Herz aus Holz», wie es Pescia nennt. «Man muss hineinkommen und intuitiv wissen, wo man ist. Wenn die Signaletik diese Orientierung leisten muss, haben wir Architekten bereits versagt», sagt er.

Das ganze Erdgeschoss inklusive Innenhof ist öffentlich zugänglich. Nach oben gelangt man über eine grosse zentrale Treppe. In den oberen Stockwerken sind die Anlaufstellen und Büros und im höheren Turm gibt’s Wohnungen. «Es handelt sich um eine Stadt in der Stadt mit verschiedensten Nutzungen», sagt Pescia.

Wer denkt an die Hundeboxen?

Dass der Bau in der Volksabstimmung im November kaum auf Opposition stiess, freut die Architekten. Nun gilt es das Bauprojekt auszuarbeiten und die Bedürfnisse der verschiedenen Dienststellen in das Gebäude zu packen. Zielkonflikte und Kompromisse sind da vorprogrammiert – von den Hundeboxen für die Polizeihunde bis zu Ausbauten für das Archiv oder das Passbüro.

Das seien aber technische Dinge, das Grundkonzept hat sich bewährt. Max Dudler lobt: «Wir waren sehr früh involviert, das ist wichtig. Ich kenne andere öffentliche Gebäude, wo es ganz schwierig wurde.»

Bis bald wieder in Luzern?

Wird man weiter von Max Dudler in Luzern hören und sehen? «Wenn es inhaltlich interessant ist, reizt uns jedes Projekt», sagt Max Dudler. Die Grösse spiele dabei keine Rolle. Generell findet er Luzern mit seiner einmaligen Lage spannend:

«Die Stadt entwickelt sich weiter und wir gehen dahin, wo gebaut wird.» Zudem habe Luzern vor 20 Jahren mit dem Bau des KKL Mut bewiesen. Mut will Luzern erneut mit dem Neubau des Luzerner Theaters beweisen. Wenn Jean Nouvel seine Spuren hinterlassen hat, geht das auch am vielgereisten Max Dudler nicht vorbei.

Vor Kritik fürchtet sich Max Dudler nicht. «Für die Europaallee wurden wir anfangs unheimlich kritisiert, jetzt ist die Innenstadterweiterung beliebt und lebendig, gerade in Kombination mit dem Bahnhof und dem Kreis 4», sagt er. Kunst lebe immer von der Auseinandersetzung: «So erneuert sich das Denken.»

Mehr zum Projekt

Der Bau der neuen zentralen Verwaltung ist eine Zusammenarbeit zwischen dem Berner Generalunternehmen Losinger Marazzi und dem Architekturbüro Max Dudler. Gemeinsam setzten sie sich in einem Wettbewerb gegen 15 Mitbewerber durch.

Am 28. November 2021 hat die Luzerner Stimmbevölkerung dem 180-Millionen-Bau am Seetalplatz deutlich mit 65 Prozent zugestimmt. Auf 36’000 Quadratmetern werden im neuen Gebäude künftig 30 Standorte und rund 1400 Mitarbeitende der kantonalen Verwaltung unter einem Dach zusammengelegt. Zudem wird’s einen Polizeiposten, Wohnungen, ein Restaurant, eine Kita und Geschäfte geben.

Im Moment befindet sich der Bau im Vorprojekt, 2023 sollen die Bauarbeiten starten und 2026 beendet sein.

Der Blockrand schirmt den grünen Innenhof gegen Aussenlärm ab.